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„Scientology vs. Psychiatrie“: Wie entstand diese Feindschaft und was steckt wirklich dahinter …

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L. Ron Hubbard mit seinem Buch "Dianetik - die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit" (Anfang der 50er-Jahre)

L. Ron Hubbard mit seinem Buch “Dianetik – die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit” (Anfang der 50er-Jahre)

Ich möchte mit einem persönlichen Statement beginnen: Durch meine Mutter, die mehr als 50 Jahre in psychiatrischer Behandlung war, konnte ich am eigenen Leib verspüren, was es bedeutet, in einer solchen zu sein. Was wiederum nach sich zieht, dass ich absolut kein Fan der Psychiatrie, aber auch nicht der Pharmaindustrie bin. Ich war aber auch 28 Jahre lang Mitglied von Scientology und „verstehe“ mittlerweile auch deren Kampf gegen die Psychiatrie und Psychologie sehr gut. Mein Kurzresümee aus diesen Erfahrungen: Man muss der differenzierten Betrachtung fähig sein, um diese Dinge werten zu können.

Aber wenden wir uns der Geschichte von Scientology zu, die maßgeblich von L. Ron Hubbard und dessen Erfahrungen geprägt ist. Hubbard war in den 1940er-Jahren alles andere als ein Gegner der Psychiatrie. Er durchlebte gerade seine „Okkulte Phase“, nahm an Experimenten des Ordo Templi Orientis teil, dem der britische Sexualmagier Aleister Crawley vorstand.

Am 15. Oktober 1947 wandte sich Hubbard mit einer Bitte an die Veteranenbehörde: „Gentlemen, dies ist eine Bitte um Behandlung. […] Nachdem ich nun zwei Jahre versucht habe, mich im zivilen Leben wieder zurecht zu finden und gescheitert bin, muss ich gestehen, dass ich es überhaupt nicht schaffe, meine Fähigkeiten wieder zu erlangen. Mein letzter Arzt meinte, dass es sehr hilfreich sein könnte, wenn ich von einem Psychiater oder Psychoanalytiker untersucht oder sogar behandelt werden würde. Gegen Ende meiner Dienstzeit vermied ich aus Stolz jegliche Untersuchung meines Geisteszustandes, in der Hoffnung, dass die Zeit meinen Geist, von dem ich annehme, dass er ernsthaft beeinträchtigt ist, wieder ins Gleichgewicht bringen würde. Ich kann mich nicht aus langen Perioden der Depression und Suizidneigung befreien. Mir wurde erst kürzlich klar, dass ich diese zuerst besiegen muss, bevor ich hoffen kann, überhaupt wieder ganz gesund zu werden. Ich kann jetzt die Schule und meine kleinen Arbeiten aufgrund vielfältiger Verpflichtungen nicht aufgeben, um mich in eine Klinik zu begeben, doch glaube ich, dass eine ambulante Behandlung erfolgreich sein könnte. Doch kann ich mir eine solche nicht leisten. Würden Sie mir bitte helfen? Mit freundlichen Grüßen, L. Ron Hubbard.“

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In den Jahren danach entwickelte Hubbard sein „System“ Dianetik, dass er als eine „moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“ sah. Im Vorfeld der Veröffentlichung seines Buches, wandte er sich im April 1949 sowohl an die American Psychiatric Association, als auch an die American Psychological Association, wo er sich als Fachmann vorstellte, der bedeutende wissenschaftliche Fortschritte erzielt hatte. So wollte er bei Patienten, die er in Trance versetzt hatte, die Quellen von deren psychosomatischen Störungen entdeckt haben, um danach „Migräne, Kopfschmerzen, Magengeschwüre, Asthma, Sinusitis und Arthritis“ zu heilen. Experten der beiden Fachverbände untersuchten die Behauptungen Hubbards und konnten keine Verbesserung des Gesundheitszustandes feststellen.

Im Mai 1950 veröffentlichte Hubbard dann das Buch Dianetik und die Rezensionen fielen nicht gerade schmeichelhaft aus. Stellvertretend jene von Erich Fromm, dem Vordenker der Psychoanalyse: „Hubbards Buch kann kaum als ein Beitrag zur Wissenschaft vom Menschen ernstgenommen werden. Ernstnehmen muss man es jedoch als Symptom eines gefährlichen Trends. […]
Die Entdeckung, dass ‚das Überleben der einzige Zweck des Lebens’ sei, ist sicherlich nicht Ausdruck des Geistes […], sondern vielmehr der eines plumpen Biologismus, für den ethische Werte dem Zwang zum Überleben untergeordnet sind – wenn sie überhaupt noch irgendeinen Platz haben. […]
Meine negative Ansicht über Dianetik gründet nicht in der Überzeugung, dass die heutigen Methoden der Psychiatrie zufriedenstellende Lösungen bieten. Ihnen mangelt es in der Tat an neuen Ideen und Versuchen. Glücklicherweise sind sich aber viele Psychiater und Psychologen dieses Mangels bewusst und suchen nach wirkungsvolleren Zugängen zur Ebene des Unbewussten.“

Erich Fromm ...

Erich Fromm …

Spätestens zu diesem Zeitpunkt erfolgte eine „Neuausrichtung“ im Denken von L. Ron Hubbard, die noch verstärkt wurde, als sich in den Folgejahren immer mehr Dianetiker (Die Psychosekte firmierte damals unter dem Namen Dianetik) einer Anklage wegen Kurpfuscherei gegenüber sahen. 1954 machte Hubbard aus Scientology, wie es mittlerweile hieß, eine Religionsgemeinschaft, um diese Anklagen zu umgehen, obwohl er im gleichen Jahre in einem seiner Bücher noch verlautetbart hat, dass „Scientology […] weder eine Psychoanalyse, noch eine Religion [ist]“.

Unabhängig davon blieb das Feindbild das gleiche: Psychiater und Psychologen, die er hinter allem Unbill vermutete, das ihm widerfuhr. Diesbezüglich formulierte Hubbard einige Jahre später: „Verglichen mit diesen Terrorgruppen wirkt die Mafia wie eine Versammlung von Sonntagsschullehrern“.

Nachdem er sich Ende der 50er-Jahre nach England abgesetzt hatte, 1966 seinen Geheimdienst Guardian Office und 1967 die paramilitärische Sea Org gegründet hatte, ging Hubbard gegen die Psychiatrie/Psychologie wieder in die Offensive. Neben wilden Verschwörungstheorien, die für seine Anhänger bestimmt waren, setzte er vor allem sein Guardian Office (GO), das heute als Office of Special Affairs (OSA) auftritt, darauf an, Psychiater/Psychologen auf jede erdenkliche Art zu verfolgen, einzuschüchtern und auszuschalten. Diesbezüglich wurde die Unterabteilung Social Coordination gegründet, die bis heute nicht nur Anti-Psychiatrie-Aktivitäten, sondern auch „Sag Nein zu Drogen“/NARCONON, Jugend für Menschenrechte oder andere, scheinbar im Interesse der Öffentlichkeit agierende Gruppierungen, dafür einsetzt und derart einige Plus-Punkte zu sammeln, um das Image von Scientology aufzupolieren.

Die Anti-Psychiatriebewegungen, heißen sie nun Bürgerkommission für Menschenrechte, CCHR oder KVPM, stechen insofern hervor, dass der „Meister“ mit deren Hilfe sein Mütchen kühlen wollte. Wobei es Hubbard bzw. Scientology auch immer darum ging, deren Geschäfte zu übernehmen. In einer sogenannten Flag Order aus dem Jahr 1969 beschrieb dies Hubbard: „Wir müssen in das Territorium der Smersh [Bezeichnung für Psychiater] eindringen, es besser machen, dabei eine Unmenge an Geld verdienen und den gesamten Fachbereich übernehmen, der sich mit geistiger Gesundheit beschäftigt.“

Im Jahr 1969 wurde CCHR gegründet, die Citizens Commission on Human Rights, in den Folgejahren Ableger in allen Ländern, wo Scientology agierte. In Deutschland und Österreich traten diese als Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte(KVPM) auf, wobei sich die Österreicher umtauften und nun als Bürgerkommission für Menschenrechte bekannt sind.

L. Ron Hubbard litt aber nicht nur an einschlägigem Verfolgungswahn und frönte seiner Paranoia samt den dazugehörigen Verschwörungstheorien. Im Jänner 1974 präsentierte er seinen Scientologen ein Schriftstück, das in gewohnt scientologischer Manier nichts weniger als einen „Meilenstein“ beschrieb: „Ich habe einen technischen Durchbruch erzielt, der möglicherweise im gleichen Atemzug mit anderen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts zu nennen ist. Es ist der Introspection R/D. […]
Damit ist der letzte Grund verschwunden, den Psychiater ins Treffen führen können, um ihre Existenz zu rechtfertigen.“

Er meinte damit eine Mixtur aus Isolationsverwahrung und Vitaminen, über die Hubbard ins Schwärmen geriet: „Die Resultate können fast an ein Wunder grenzen“. Wie dieses „Wunder” aussah, konnte man u.a. am Fall der Lisa McPherson sehen, die diesem Introspection R/D 1995 unterzogen wurde und die nach 17-tägiger „Behandlung“ starb – mehr dazu hier

Lisa McPherson …

Lisa McPherson …

Womit ich am Ende meiner Ausführung angelangt wäre. Vielleicht noch ein kleines Bonmot am Schluss: Als L. Ron Hubbard 1986 starb, fand man bei der Obduktion des Leichnams jede Menge Vistaril in seinem Blut. In einem Ärztehandbuch findet man dazu: „Vistaril (hydroxyzine hydrochloride): […] Der akut verwirrte oder hysterische Patient“. Dr. Denk, Leibarzt des „Übermenschen“, injizierte es Hubbard in den Tagen vor dessen Tod in die Hinterbacken.

Fotos: Scientology-Publikation, Unternimm die Zukunft


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