Fest steht, dass Cathriona White am letzten Septemberwochenende 2015 durch eine Überdosis Drogen/Medikamente aus dem Leben schied. Fest steht auch, dass sie mit dem US-Schauspieler Jim Carrey liiert war und auch, dass sie seit einigen Jahren in Scientology involviert gewesen ist.
Was genau die Beweggründe für ihren Selbstmord waren, wird man wahrscheinlich nie herausfinden können – aber man kann die Puzzlesteine der letzten Jahren ihres Lebens zusammentragen und derart vielleicht ein Bild entstehen lassen. Genau das tat Tony Ortega in einigen Artikeln – und ein Bild wurde erkennbar.
Beginnen wir mit dem Jahr 2009, White hatte bis dahin in Irland gelebt und übersiedelte danach in die USA. Sie war 23 Jahre alt und wollte u.a. als Filmstylistin in Hollywood reüssieren. Soweit so unspektakulär. Viele Menschen sind bereits ausgewandert – auch nach Hollywood. Im Fall von Cathriona White kam aber ein ganz wesentlicher Faktor hinzu: Scientology, in der Gestalt von Cyril Helnwein …

Die Helnwein’s (v.l.): Cyril, Renate, Wolfgang Amadeus, Ali Elvis (sitzend), Gottfried und Mercedes …
Der österreichische Maler Gottfried Helnwein besitzt ein Schloss in der irischen Grafschaft Tipperary – wo auch Cathriona White lebte. Helnwein selbst ist ein langjähriger Scientologe und u.a. Gründer einer Scientology-Organisation in Wien. In den 90er-Jahren wollte er davon nichts mehr wissen und klagte gegen die Feststellung, dass er Scientologe sei – im Jahr 2000 zog er allerdings die Klage wieder zurück.
Durch den Kontakt bzw. die Freundschaft mit dessen Sohn, Cyril Helnwein, eröffnete sich White eine neue Welt. Cyril, selbst kurze Zeit Mitglied der paramilitärischen Sea Org von Scientology, arbeitete als Fotograf und durch ihn lernte sie nicht nur Prominente an sich, sondern spätestens in Los Angeles auch viele junge Scientologen kennen, die ebenfalls im mehr oder weniger künstlerischen Bereichen tätig waren bzw. sind. Die Familie Helnwein pendelt zwischen ihrem Wohnsitz in Tipperary und jenem in Los Angeles. Hier der Blog von Tony Ortega, der sich mit der Scientology-Irland-Helnwein-Connection detailliert auseinandersetzt …
Nach ihrer Ankunft in Los Angeles lernte sie die angesprochenen Jung-Scientologen kennen, wie z.B. jene, die auf einem Foto des gleichen Jahres zu sehen sind (von links nach rechts): Taylor Newton Stewart, die Schauspielerin und Ehefrau Taylors, Tama Leia (McCormick), Erika Cristensen, ebenfalls Schauspielerin, ein Typ mit dem Namen Shmayle, der Kleindarsteller Tyler Hynes und Joshua Shultz.
Der Kreis wurde immer größer – und auch Scientology gehörte nun zum „Bekanntenkreis“, wenn sie es nicht schon zuvor gekannt hat. Hier der Blog von Tony Ortega, der sich mit diesem Zeitabschnitt detailliert auseinandersetzt …
Irgendwann 2010 oder 2011 landete Cathriona White auf jeden Fall bei Scientology bzw. in dessen Celebrity Center in Los Angeles. Im Jahr darauf, 2012, lernte White den Schauspieler Jim Carrey kennen und begann mit ihm eine On-Off-Beziehung. Im selben Jahr starb der Vater von ihr, aber sie konnte an seinem Begräbnis nicht teilnehmen, da sie sich illegal in den USA aufhielt und Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise fürchtete.
2012 drehte sie auch mit einigen jungen Schauspielern, überwiegend Scientologen, die Webserie The Online Gamer (Foto oben) – einer von ihnen war Mark Burton …
Burton sollte im Jahr darauf aktuell werden, als er Cathriona White in Las Vegas ehelichte – am 15. Jänner 2013 gaben sie sich das Ja-Wort …
Die Ehe war zum Todeszeitpunkt noch aufrecht – hier der Blog von Tony Ortega mit weiteren Details dazu …
Danach arbeitete White als Filmstylistin und war einmal mit Jim Carrey liiert und dann auch wieder nicht. Zu Beginn des Jahre absolvierte sie dann das „Reinigungsprogramm“ der Psychosekte, um danach mit dem sogenannten „Überlebens-Rundown“ (Survivel Rundown) von Scientology fortzusetzen.
Soweit die Eckpunkte der Recherche von Tony Ortega – wie sind diese nun zu gewichten?
Scientology beeilte sich nach Bekanntwerden des Selbstmords festzustellen, dass diesem ausschließlich ein Beziehungsmotiv zugrundliegt. Aus meiner Sicht spielt die Beziehung zwischen White und Carrey sicher eine Rolle, aber sie ist nur ein Puzzlesteinchen. Jim Carrey ist wahrscheinlich kein einfacher Beziehungsmensch, der überdies seit Jahren mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Carrey war aber auch selbst mit der Psychosekte in Berührung gekommen.
2001 hatte sich Carrey für das „Reinigungsprogramm“ von Scientology zu interessieren begonnen, um seinen wiederkehrenden Depressionen zu begegnen, wie ehemalige Führungskräfte von Scientology aussagten. Scientology seinerseits begann im Rahmen von deren Celebrity-Strategie selbst aktiv zu werden. Die Ehefrau des Sektenführers, Shelly Miscavige, nahm sich persönlich der Sache an und wollte neben Carrey auch Nicolas Cage zur Sekte bringen. Cage war mit Lisa Marie Presley verheiratet, die damals ebenfalls Scientology-Anhängerin war. Hier der Blog von Tony Ortega mit weiteren Details …
Aus der angestrebten Vereinnahmung wurde nichts, selbst Presley hat Scientology mittlerweile den Rücken gekehrt.
Jim Carrey dürfte später aber die Verbindung von White mit der Pschosekte nicht nur gewusst, sondern auch akzeptiert haben. Und so kam aus meiner Sicht, was kommen musste …
Das Leben im Hollywood-Biotop ist an sich keine einfaches, die Beziehung von White und Carrey war es sicher auch nicht – wenn man dem Ganzen jetzt die „Philosophie“ von Scientology zugrunde legt, wird sie automatisch unlösbar. Die Psychosekte gibt zwar vor, dem Menschen zu helfen, ist aber nur dahingehend ausgerichtet, sich selbst „rein zu halten“ – sprich: Ein „Etwas“ zur Maxime zu erheben, das nur Scientology dient.
In diesem Kontext hatte Cathriona White keine Chance. Es erging ihr wie vielen Scientologen in ähnlicher Situation: Sie hatte Fragen und bekam zwar Worthülsen, aber keine Antworten, geschweige denn Hilfe. Nicht jeder bringt sich um, aber White war zu sensibel für diese Situation und wählte den Freitod, der sie wieder mit Jim Carrey zusammenbrachte, der nur Tage vor ihrem Selbstmord ihre Beziehung beendet hatte …
R.I.P. Cathriona White …
Fotos: Irish Times, New Xork Times, Tony Ortega (3), Daily Mail (2)