Die Rahmenbedingungen in Wien waren nicht optimal, als sich der Ableger von Scientology, der wechselweise als Bürgerkommission für Menschenrechte oder CCHR oder KVPM auftritt, am gestrigen Samstag zur Demonstration versammelte. Das Wetter zeigte sich von seiner kühleren Seite und der eiskalte Wind ließ nicht gerade Freude aufkommen. Die scientologischen Zwangsenthusiasten ließen sich aber nicht beirren. Nicht einmal von dem Umstand, dass die angepeilten 600 Teilnehmer ziemlich weit verfehlten wurden, obwohl Abordnungen aus Ungarn und Deutschland eintrafen. Bernd Trepping, ausgestattet mit der scientologischen „Freiheitsmedaille“, stimmte die Unentwegten ein, bevor sich der Demonstrationszug mit fast einstündiger Verspätung Richtung Innenstadt aufmachte.
Damit das Scientology-Konglomerat nicht wieder Tausende Teilnehmer aus dem Hut zaubern kann, habe ich den Demonstrationszug – eigentlich müsste man von einem „Züglein“ sprechen – abgefilmt. Das bietet auch den Vorteil des Nachzählens …
Nachdem sie einigen Verkehrsstau verursacht und sich genügend ihrer eigenen Akustik berauscht hatten, trafen die verkappten Scientologen am zentralen Stephansplatz ein, wo sie auf wirklich große Touristenscharen trafen und die Demo derart international wurde ..
Einige Dinge erwarteten die Fake-Demonstranten: Rund 15 Personen einer Gegendemonstration, die unter der Devise „Vorsicht Scientology“ auf diesen Umstand hinwiesen und Flyer verteilten …
.. eine Bühne und …
und Chill E.B., ein eingeflogener US-Rapper und selbsternannter „Psych Buster“, der neben der irritierten Scientology-Präsidentin Caroline Mohorn versuchte, letzte Sounddetails abzuklären …
Danach jagte ein Redner den anderen, eine Gruselgeschichte die nächste. Man verstand glücklicherweise nur das Wenigste, den Touristen war es egal und die Scientologen waren trotzdem happy …
Zwischendurch versuchte Chill E.B. den Pausenfüller zu machen, was ihm aber aufgrund von akuten Tonproblemen nicht gelang – irgendwie eine Signatur des Ganzen … 
Gegen 17 Uhr hatte dann Dompfarrer Toni Faber ein Einsehen und ließ die Kirchenglocken ausgiebig läuten, was den Touristen gefiel, den Scientologen weniger. Wer glaubte, dass die Demo dann wie vereinbart beendet war, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Die Tierschützer, die zum verunmöglichten 17-Uhr-Termin drängten, mussten noch weitere Scientology-Redner und zwei Rap-Nummern über sich ergehen lassen, bevor der Spuk endgültig vorbei war.
Was blieb im Gedächtnis?
Unabhängig der geringen Zahl der Demonstranten, die zu 97 Prozent ohnehin stramme Scientologen waren, fiel vor allem Insidern die hohe Präsidentendichte auf. Neben den umtriebigen Präsidenten der bundesdeutschen KVPM, Bernd Trepping, und dessen österreichisches Pendant, Birgit Karner (Bürgerkommission für Menschenrechte), war auch die Ehefrau des Ersteren, Nicola Cramer, präsidial vertreten. NARCONON-Präsidentin Toni Kalbeck verteilte Flugblätter, „Jugend für Menschenrechte“-Präsident Angelo Kreuzberger durfte das Transparent halten, Jacqueline Schnidrig, zwar nur Ehefrau des Scientology-Basel-Präsidenten, dafür aber Scientology-Chefin, huschte durchs Bild, während Wilhelm Mohorn, Präsident der Vereinigung für Raumenergie (ÖVR) und Ehemann der bereits zuvor erwähnten Scientology-Präsidentin Caroline, seinen Mann stand. Dafür wurde der ehemalige Präsident Karlheinz Demel nicht gesichtet, aber es ist durchaus möglich, dass noch andere Scientology-„Honoratioren“ zugegen waren.
Die zwei Scientology-OSA-Geheimdienstchefinnen Angelika Thonauer und Sonja Henkel waren auf jeden Fall komplett angetreten, wobei eine Dritte, Gabi Strasky, in diesen „Dienst“ aufgerückt sein dürfte, da sie alles „Verdächtige“ sofort unter die Lupe nahm …
Bemerkenswert war noch, dass Scientology aka Bürgerkommission für Menschenrechte aka CCHR aka KVPM den Umstand der jüngsten Flugzeugkatastrophe in der ihr eigenen Pietätlosigkeit ausschlachtete. Während die deutsche Emma eine Frauenquote im Cockpit forderte, standen für die Scientologen die Schuldigen natürlich schon fest, wie deren APA-OTS zeigt …
Der ORF kochte derweil sein eigenes Süppchen, schnitt die Scientology-Demo in einen Beitrag zur Flugzeugkatastrophe bzw. Psychiatrie und überraschte mit einer etwas „eigenwilligen“ Theorie: Die Öffentlich-Rechtlichen stellten nämlich fest, dass die einen gegen Psychopharmaka demonstrierten und die anderen dafür! [sic!] Dabei hatte der betreffende ORF-Redakteur sogar Informationen eingeholt, die er dann in seinem Beitrag nicht berücksichtigte – war er überfordert oder wollte er etwas nicht verstehen? Hier der Link zur dubiosen ORF-Sendung …
Fazit: Während die Scientologen im Rahmen ihrer Schwindeldemo mit schrillster Stimme versuchten, ihr Mütchen zu kühlen, deren ungarische Parteigänger sehr bald zum Shoppen aufbrachen und sich die zuhauf vertretenen Touristen nicht irritieren ließen, sollte ein Bild als Quintessenz stehen …
Man könnte es auch so formulieren: Die Glaubwürdigkeit der gestrigen Fake-Demo entspricht einer „Aktion“ der Mafia, in der von dieser Verbrechen und Drogensucht angeprangert werden. Wobei der Vergleich etwas hinkt: Die Scientologen treten ja auch gegen dieses auf – NARCONON und CRIMINON. Gab es da vielleicht einen Schulterschluss?
Ich werde auf jeden Fall im nächsten Blog das Thema „Scientology vs. Psychiatrie“ abrunden, um diesbezüglich etwas Klarheit zu schaffen – nicht nur beim ORF …
UPDATE: Heute zwischen 10 und 14 Uhr veranstaltete die Scientology-„Bürgerkommission für Menschenrechte“ ein Symposium zum Thema Kindesentzug, Jugendwohlfahrt und Psychiatrie im Palais Palffy, was die Bürgerinitiative Kinderrechte wiederum veranlasste, auf diese Veranstaltung hinzuweisen.
Der Titel der Veranstaltung ist definitiv falsch gewählt, da Scientology nicht nur theoretische, sondern jede Menge praktische „Erfahrung“ damit hat. Richtig hätte man titeln sollen: „Kindesentzug und –manipulation in der Psychosekte Scientology“.
Dann wäre die Bürgerinitiative Kinderrechte vielleicht nicht eingestiegen, man wäre der Wahrheit aber einen Schritt näher gekommen und Kind24 hätte sich definitiv eine Erfahrung erspart, die man im Leben nicht machen muss …
Fotos: Archiv (10)